Do 10.04.2025, 10:00 - 18:00 Uhr
Mit Menschen mit Behinderung arbeiten - Pädagogische Weiterbildung für Pflegekräfte
In vielen Einrichtungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung arbeiten mittlerweile oft auch fachfremde Kräfte, die zwar über eine pflegerische Ausbildung verfügen, aber sich bei behinderungsspezifischen Themen nicht sicher fühlen.
Diese Lehrgangsreihe möchte daher pädagogische, medizinische und psychologische Grundlagen rund um das Thema Behinderung vermitteln, die Pflegefachkräfte während ihrer Ausbildung nicht oder nur eingeschränkt gelernt haben. Es geht hierbei einerseits um eine Auseinandersetzung mit den vorherrschenden Paradigmen der Eingliederungshilfe, wie Selbstbestimmung, Personenzentrierung und Empowerment und wie diese konkret in der Arbeit umgesetzt werden könnten. Andererseits werden auch Grundkenntnisse über verschiedene Behinderungsarten und den Umgang damit sowie medizinische und psychologische Basiskenntnisse vermittelt.
Aufbau der Lehrgangsreihe, Abschluss und Zertifikat
Die Lehrgangsreihe gliedert sich in drei Module, zwei dreitägige und ein zweitägiges.
Nach der Veranstaltung setzen die Teilnehmenden innerhalb von zwei Monaten die gelernten Inhalte im Rahmen eines in der eigenen Einrichtung durchgeführten Kurzprojekts zur Förderung der Selbstbestimmung eines Menschen mit Behinderung um.
Das Projekt wird selbstständig in Absprache mit dem Klienten bzw. der Klientin gewählt, Verlauf und Ergebnisse des Projektes werden in einer schriftlichen Arbeit (ca. zehn Seiten) festgehalten. Während der Durchführung können die Dozentinnen zur Beratung kontaktiert werden.
Die Durchführung der Förderaktivität und das Verfassen der Projektarbeit sind Voraussetzung für den erfolgreichen Abschluss der Weiterbildung.
Nach Besuch aller drei Module und Abschluss der Projektarbeit erhält jeder Teilnehmende ein Zertifikat.
Zielgruppe
Pflegefachkräfte, z. B. Seniorenpfleger*innen oder Gesundheits- und Krankenpfleger*innen, die in Einrichtungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung arbeiten und ihre pädagogischen Fachkenntnisse erweitern wollen.
Wenn Sie über eine andere Berufsausbildung verfügen und an dieser Lehrgangsreihe teilnehmen möchten, kontaktieren Sie uns bitte, damit wir die individuellen Voraussetzungen klären können.
Inhalte
Modul 1:
Pädagogische Grundlagen und aktuelle Leitbilder in der Arbeit mit Menschen mit Behinderung
Teilhabe gestalten
Im ersten Modul der Lehrgangsreihe wird das Augenmerk auf den Schwerpunkt der Eingliederungshilfe gelegt.
In § 1 des Bundesteilhabegesetzes (SGB IX) ist festgeschrieben, dass Menschen mit Behinderungen Leistungen erhalten, um die „volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern, Benachteiligungen zu vermeiden oder ihnen entgegenzuwirken“.
Was bedeutet „volle“ und „wirksame“ Teilhabe genau? Wie kann man Menschen mit kognitiver oder komplexer Beeinträchtigung bei der Umsetzung ihrer individuellen Teilhabewünsche assistieren und begleiten? Was ist selbstbestimmte Teilhabe und was ist daran besonders? Was bedeutet Teilhabe für Sie und gibt es einen Unterschied zur Teilhabe von Menschen mit Behinderung?
Sie erfahren viele Hintergründe zu Ihrer täglichen Arbeit und werden dabei unterstützt, Ihre Tätigkeiten durch die Teilhabe-Brille zu sehen und gemeinsam zu beleuchten. Weiterhin erfahren Sie, dass Ihre Haltung eine wichtige Grundlage zur gelingenden Teilhabe ist.
Inhalte:
- Von der Nächstenliebe zur Teilhabe – historische Reise durch die Behindertenhilfe
- Behinderung hat verschiedene Sichtweisen – Definitionen
- Teilhabe von erwachsenen Menschen – Abgrenzung zu Pflege und Pädagogik
- Vom Betreuer zur Assistenz – Wie sich unsere Tätigkeit verändern muss
- Bedarfsermittlung – Wie werden Teilhabewünsche und -ziele festgestellt?
- Teilhabe – ein kurzer Blick in die Gesetze
- Blick in die Praxis – verschiedene Teilhabemöglichkeiten
Pädagogische Grundlagen
Dieser Seminarteil bietet einen umfassenden Einblick in die Grundzüge pädagogischer Arbeit. Ziel ist eine intensive Auseinandersetzung mit der eigenen Rolle im beruflichen Alltag. Fragen nach Leitmotiven für die Arbeit mit Menschen mit Behinderung werden ebenso behandelt wie Fragen der Selbstbestimmung und die Förderung von Interessen.
Dabei spielt der Umgang mit Nähe und Distanz eine große Rolle. Es wird eine reflektierende Haltung eingenommen, die es ermöglicht zum einen persönliche Grenzen zu wahren, aber auch den Umgang mit Grenzen der pädagogischen Arbeit oder mit Selbstbestimmung zu betrachten. Dabei wird der Fokus sowohl auf Eigenschutz als auch auf Gewaltprävention gelegt.
Die beiden Tage sind methodisch abwechslungsreich gestaltet und bieten sowohl inhaltlichen Input als auch die Möglichkeit zur intensiven Auseinandersetzung mit eigenen Fallbeispielen.
Inhalte:
- Definitionen von Behinderung (Wiederholung vom Vortag) – Meine Haltung zu Menschen mit Behinderung
- Umgang mit Nähe und Distanz
- Empowerment als Leitmotiv für die Arbeit mit Menschen mit Behinderung
- Kommunikation und Konfliktlösung
- Selbstbestimmung anerkennen (z. B. Umgang mit „ungesunden Verhaltensweisen“, Förderung von individuellen Hobbys)
- Gewaltprävention
Modul 2:
Praxis und Methoden der Alltagsbegleitung und Förderung von Menschen mit Behinderung
Das zweite Modul widmet sich der Theorie und Praxis der Förderung von Menschen mit Behinderung in der pädagogischen Alltagsbegleitung sowie im Rahmen gezielter Förderangebote. Zunächst erfolgt eine Einführung in ethische und methodische Prinzipien der Förderung sowie den strukturellen Aufbau der Förderplanung.
Die an Teilhabe- und Selbstständigkeitsförderung orientierten Assistenzformen werden gemeinsam erkundet, angewandt und reflektiert. Die Teilnehmenden lernen bedeutsame Konzepte und Hilfsmittel zur Stärkung von Kommunikation und Selbstbestimmung kennen und erproben ihre Anwendung.
Abschließend erfolgt ein Blick über den Tellerrand der Einrichtung der Behindertenhilfe in den Sozialraum. Gemeinsam werden Überlegungen angestellt, wie der Austausch mit dem sozialen Umfeld der eigenen Einrichtung im Sinne der gesellschaftlichen Teilhabe gestärkt werden kann. Die Teilnehmenden planen mit Unterstützung eigene Projekte zur Förderung von Teilhabe und Selbstbestimmung.
Inhalte:
1. Tag: Grundlagen
- Assistenzformen (Theorie und Praxis)
- Methodik und methodische Prinzipien in der Assistenz
- Leichte Sprache
2. Tag:
- Förderplanung und Förderprozess
- Zielhierarchie und -formulierung
- Fachliche Reflexion
- Unterstützte Kommunikation
3. Tag:
- Sozialraumorientierung
- Persönliche Zukunftsplanung
- Auftrag und Beratung zur Projektarbeit
Modul 3:
Medizinische und psychologische Grundlagen häufiger Behinderungsarten
Medizinische Grundlagen
Im letzten Modul der pädagogischen Weiterbildung für Pflegekräfte wird es an Tag 1 um die medizinischen Grundlagen rund um Behinderungsarten und psychiatrische Krankheitsbilder gehen.
Sie werden lernen, wie geistige Behinderungen entstehen und welche Merkmale und Erscheinungsformen die häufigsten Behinderungsarten haben.
Auch Menschen mit geistiger Behinderung können psychisch erkranken. Daher bekommen Sie zusätzlich einen Überblick über häufige psychiatrische Krankheitsbilder wie Schizophrenie, Depressionen, Angst- und Zwangsstörungen sowie Anregungen für den Umgang mit den sogenannten Doppeldiagnosen.
Inhalte:
- Grundlagen häufiger Behinderungsarten
- Abgrenzung psychische Erkrankung <–> geistige Behinderung
- Grundlagen häufiger psychischer Erkrankungen (z. B. Schizophrenie,
Depression, Angst- und Zwangsstörungen) - Umgang mit Doppeldiagnosen
Psychologische Grundlagen
Am Tag 2 beschäftigen wir uns mit der psychologischen Seite Ihrer Arbeit.
Sie werden die Grundlagen der Entwicklungspsychologie kennenlernen und wir werden gemeinsam erarbeiten, welche Bedürfnisse Menschen mit Behinderung haben.
Damit Sie selbst seelisch gesund bleiben, widmen wir uns dem Thema Resilienz sowohl aus Sicht der Pflegekräfte als auch zur Ressourcenförderung für die Menschen mit geistiger Behinderung.
Darüber hinaus werden Sie Handwerkszeug für den Umgang mit herausforderndem Verhalten und Krisen bekommen, damit Sie auch in schwierigen Situationen sicher und angemessen handeln können.
Inhalte:
- Grundlagen Entwicklungspsychologie
- Bedürfnisse
- Resilienz
- Umgang mit herausforderndem Verhalten
- Umgang mit Krisen, Anlaufstellen
Referentinnen
1. Modul:
- Teilhabe gestalten:
Barbara Dengler, Referentin Selbstvertretung Lebenshilfe-Landesverband Bayern e. V. - Pädagogische Grundlagen:
Sandra Löffler, Dipl.-Sozialpädagogin (FH)
2. Modul:
Martina Diehm, Dipl.-Sozialpädagogin (FH), Master of Publich Health (MPH)
3. Modul:
Katrin Wiesneth, Gesundheits- und Krankenpflegerin, Heilpraktikerin