Väter
Im Jahr 2017 inspirierte mich die Begegnung mit Michaela und ihrem Sohn Fiete zu meiner Fotoserie „Mutter“. In meinem Atelier in Köln fotografierte ich Mütter mit ihren Kindern, die das Downsyndrom haben. Vielleicht erinnern sich einige Leser:innen an diese Serie, die bereits 2020 im Magazin „Menschen.“ veröffentlicht wurde. Bei einem dieser Fotoshootings lernte ich Thorsten Klein kennen. Er begleitete seine Frau und seine Tochter Amelie zum Shooting für das Fotoprojekt „Mutter“. Als Amelie mit Downsyndrom zur Welt kam, gründete Thorsten den Verein Trisomie21.net. Seitdem engagiert er sich nebenberuflich intensiv für Menschen mit Behinderung. Damals entstand in mir die Idee, die Serie um Porträts von Vätern mit ihren Kindern zu erweitern. Die Zeiten haben sich stark verändert. Die klassische Rollenverteilung verliert immer mehr an Bedeutung. Viele Väter verbringen genauso viel Zeit mit ihren Kindern wie die Mütter. Einige geben ihre Karriere teilweise auf und wechseln in Teilzeit, um mehr für ihre Kinder da sein zu können. Seit 2024 hatte ich die Möglichkeit, viele Väter mit ihren Kindern in meinem Atelier zu fotografieren. Sie sind engagiert, fürsorglich und stolz auf ihre Kinder – genau so, wie man es sich von jedem Vater wünscht. Die innige, bedingungslose Liebe eines Vaters zu seinem Kind wird in den entstandenen Aufnahmen spürbar. Ich bin zutiefst dankbar für diese bereichernde Erfahrung und danke allen Vätern, die daran teilgenommen haben.
„Durch Philina hat sich das Leben dahingehend verändert, dass man sich ab sofort mit den wichtig(st)en Dingen beschäftigt, in dem Fall der Versorgung unserer Tochter. Andere Sachen sind erst mal in den Hintergrund gerückt. Es war alles neu, wir haben den Kontakt zu ein paar Menschen verloren, aber umso mehr dazugewonnen. Die Herausforderung an mich selbst ist, unserer kleinen Maus eine sichere und liebevolle Umgebung zu bieten, in der sie sich wohl und willkommen fühlt. Das ist natürlich nicht immer einfach, Therapien und Arztbesuche müssen eingeplant werden, ihre Förderung außerhalb der festen Termine, aber auch, dass sie einfach nur Kind sein darf. Das nächste große Thema wird die Einschulung sein, mit allem Drum und Dran. Die mangelnde Inklusion unserer Gesellschaft und die enorme Bürokratie, die trotzdem damit verbunden ist, ist somit die aktuelle Herausforderung.“
Oliver, 42 Jahre
Philina, 5 Jahre
„Grundsätzlich sage ich immer: Unser Leben ist nicht herausfordernder als das anderer Familien. Die ersten Jahre waren geprägt von Therapien, Frühförderung und Arztterminen. Nach der Geburt von Soneas Bruder entzerrte sich das. Erst durch ihren Bruder hatte ich verstanden, dass mein Wunsch nach ‚Normalität‘ schon längst erfüllt war. Aktuell ist die größte Herausforderung in unserem Alltag die Pubertät. Bei beiden Kindern auf unterschiedliche Weise. Da wünsche ich mir manchmal eine Vorspultaste fürs Leben. Ich kenne niemanden, die so sehr im Hier und Jetzt lebt wie Sonea. Sie ist einer der gefühlvollsten und emphatischsten Menschen, die ich kenne. Sie weiß genau, was sie will und was sie nicht will, und ich wäre als Jugendliche gerne nur ansatzweise so selbstbewusst gewesen, wie Sonea es ist. Sie hat die Sache mit der Selbstliebe drauf. Aber ich bin auch jedes Mal fasziniert von ihrer Kreativität. Wenn Sonea tanzt, verschmilzt sie mit der Musik. Sie fühlt die Musik und ihre Bewegungen sind intuitiv und voller Ausdruck.“
René Weides, 44 Jahre
Sonea Weides, 14 Jahre
„Amélie ist eine Wasserratte und würde gern täglich schwimmen gehen. Ansonsten besucht sie gerne Indoorspielplätze bzw. Spielplätze allgemein – wenn es dort noch was zu matschen gibt, perfekt! Zu Hause nehmen wir uns gerne die Zeit zum Kuscheln und Kitzeln bzw. balgen auf dem Sofa. Ich freue mich sehr darauf, mich eines – hoffentlich nicht allzu fernen – Tages mit Amélie richtig zu unterhalten und mehr über ihre Gefühle und Wünsche zu erfahren. Aktuell spricht sie wenige kurze Sätze, die hauptsächlich ihre Bedürfnisse abdecken.“
Thorsten Daenerys, 47 Jahre
Amélie Daenerys, 9 Jahre
„Florentine ist ein unheimlich empathischer Mensch. Das haben wir besonders deutlich gemerkt, als wir vor drei Jahren eine dritte Tochter bekamen, Florentine ist eine wunderbare große Schwester. Besonders stolz macht es mich, ihren Ehrgeiz und ihren Willen zur Selbstständigkeit zu beobachten. Obwohl ihr manches deutlich schwerer fällt, bleibt sie dran, bis es klappt. Das macht uns als Eltern zuversichtlich, dass sie einmal ein recht eigenständiges Leben führen können wird.“
Ben Böcker, 42 Jahre
Florentine Böcker, 7 Jahre
„Die ersten vier Monate bis nach Davids Herzoperation waren nervenzehrend für uns als Eltern, aber auch für unsere großen Töchter, die oft alleine zurechtkommen mussten, wenn meine Frau wieder mit David in der Klinik war wegen seiner Trinkschwäche. Nach seiner OP fingen wir alle quasi noch mal neu an. Der Alltag mit David war in den ersten beiden Lebensjahren sehr entspannend, er war überall dabei und weinte nur ganz selten. Heute ist es so, dass David schon sehr viel Zeit, oder sagen wir Aufmerksamkeit in unserem Leben für sich beansprucht. Er ist so gut wie nie alleine, einer von uns beschäftigt sich eigentlich immer mit ihm.“
Alexander Algermissen, 42 Jahre
David Algermissen, 5 Jahre
„Besonders an Isabell ist ihre Empathie. Sie hat ein Gespür für Stimmungen und möchte, dass alle Menschen glücklich sind. In der Schule sagten ihre Klassenkameraden, Isabell ist die allerbeste Trösterin. Wir sind sehr stolz auf sie. Sie ist eine tolle, selbstbewusste glückliche junge Frau geworden, obwohl die Ärzte nach ihrer Geburt meinten, sie kann absolut NICHTS lernen, da alles ‚kaputt‘ ist.“
Hartmut Liebehenz, 79 Jahre
Isabell Liebehenz, 35 Jahre
„Die größte Herausforderung im Alltag mit Ilay ist seine Weglauftendenz. Das ist vor allem schwierig, wenn wir noch mit seinem kleinen Bruder unterwegs sind, denn die Aufmerksamkeit ist immer voll auf Ilay gerichtet und man muss ihn immer im Auge behalten. Da kommt der kleine Bruder manchmal etwas zu kurz. Auch ist vieles an Ilays Bedürfnisse angepasst, wenn wir zum Beispiel unterwegs sind oder Ausflüge bzw. Urlaub machen. Da muss man dann immer schauen, dass die Bedürfnisse seines Bruders nicht zu kurz kommen. Diese Balance zu halten ist eine Herausforderung und sie wird immer größer, je älter sein Bruder wird. Noch spricht Ilay nur wenige Sätze und es ist meist ein Frage/Antwort-Gespräch. Ich würde mir wünschen, dass er irgendwann in der Lage ist, eine richtige Unterhaltung mit mir zu führen.“
Turgay Alan 43 Jahre
Ilay Alan, 8 Jahre
„Herausforderungen im Alltag gibt es viele. Hauptsächlich, alles durchzusetzen, was Fiete braucht, um gefördert und gefordert zu werden. Meiner Erfahrung nach müssen die Menschen in unserer Gesellschaft allgemein offener werden. Wir sind alle perfekt, so wie wir sind, und genauso viel wert. Menschen mit Trisomie 21 gehören in unsere Mitte und nicht an den Rand. Wir können sehr viel von ihnen lernen.“
Sven Schriever, 53 Jahre
Fiete Schriever, 7 Jahre