Beschreibung

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Ferdinand Klein

Spiel als Lebensgrundform

Der Beitrag macht auf das Spiel als Urform des Lebens und Lernens aufmerksam. Spiel kann in allen Zeitepochen und Kulturen auf der ganzen Welt, in sakralen Handlungen oder auf Hinterhöfen wahrgenommen werden. Es erfüllt eine wichtige Funktion im Leben des Einzelnen und der Gemeinschaft.
Der Beitrag antwortet auf die verplante, funktionalisierte und digitalisierte Kinderzeit, die dem Kind schon im frühen Alter seine Kindheit raubt. Diesen „Spielverderbern“ zeigt die Bildungswissenschaft die rote Karte

Freiheit des Spiels

Die Familie des Bildungsforschers und Bildungspolitikers Hellmut Becker (1913-1993) diskutierte ihre Erfahrungen über die Bedeutung des Spiels für den Menschen. Sie fand folgende Antwort:

  • Die Unfähigkeit zum Spielen, die Angst vor dem Spielen sind geeignet, eine lernende Gesellschaft zu einer armselig verkümmernden Gesellschaft zu machen.
  • Menschen im Beruf und im persönlichen Leben sollten sich befähigen, die Angst vor dem Spielen zu überwinden, mehr zu spielen und dabei anderen zu helfen.
  • Das Bedürfnis zu spielen wird durch die Angst zu spielen verdrängt, weil das Zwangssystem gesellschaftlicher Organisationen die Spielmöglichkeit des Menschen fortgesetzt einschränkt.
  • Spiel ist zum Prinzip von Lernen und Erziehen überhaupt zu machen (vgl. Becker, 1989, S. 281 ff.).

Diese gemeinsame Erfahrungserkenntnis, die keiner formalen Logik folgt, weist auf die fundamentale Bedeutung des Spiels für die Entwicklung des Menschen hin. Das lehrt die Kindheits- und Bindungsforschung (Krenz/Klein, 2013): Die im Kind schon vor der Geburt angelegten Gegensätze von Freiheit (Autonomie, Eigenaktivität) und Gebundenheit (Bindung, Sicherheit) sind auf einen einladenden Spielraum angewiesen, der die Bedingungen für die individuelle Entwicklung schafft. Durch fantasiereiches Spielen verbindet es die Widersprüche des rechnenden und zergliedernden Verstandes zu jener Einheit in der Vielheit, in der sich das Wesen jeglicher Schöpfung bekundet. Jede Umgangsform, ja jede Form überhaupt, tritt spielerisch zutage und will gespielt sein.

Diese Erkenntnisse bestätigt die Spielforschung (vgl. Krenz, 2020). Sie lädt die früh- und elementarpädagogische Fachkraft zu folgenden Fragen ein:

  • Wie kann ich die Beziehungssituation gestalten?
  • Wie kann ich in dieser Situation authentisch (echt, ehrlich, glaubwürdig) sein?
  • Wie kann ich dem Kind aufmerksam zuhören, zusehen und erkennen, was es hier und jetzt tut, sieht, fühlt und will?
  • Wie kann ich an seinen Gedanken, Gesten und Blicken teilnehmen?
  • Wie kann ich mit wenigen klaren Worten auf seine Sorgen und Nöte eingehen?
  • Wie kann ich ehrlichen Umgang mit guten und schlechten Erfahrungen pflegen?
  • Wie kann ich mein Ich fühlen und mich selbst erfahren?

Würde des Spiels

Bekanntlich gibt es kulturtheoretische, evolutionstheoretische, lerntheoretische oder psychotherapeutische Theorien über das Spiel. Mit dem Pädagogen, Staatstheoretiker und Theologen Friedrich Schleiermacher (1768-1834) gehe ich davon aus, dass die Spielpraxis ihre eigene Dignität (Würde) hat, unabhängig von der Theorie.

Die Würde des Spiels wird für Schleiermacher in der „Kunst des Erziehens“ gepflegt, die aus der „Idee des Guten“ kommt. Die Idee des Guten hat der Begründer des Kindergartens, Friedrich Wilhelm August Fröbel im Sinn, wenn er davon spricht, dass „die Quelle alles Guten im Spiel liegt“. Für den existenzphilosophisch orientierten Pädagogen Otto Friedrich Bollnow ist Fröbel „aus dem innersten Kern seines Wesens heraus Pädagoge, nichts als Pädagoge“ (Klein, 2019, S. 133). Fröbel hat eine „entfaltende Erziehung“ im Auge. Er spricht von einer das Ganze des Lebens umfassenden Erziehung im Spiel und durch das Spiel. Durch „frei- und selbsttätiges Spiel“ bilden sich – ohne Unter- oder Überforderung

  • Fantasie,
  • sinn- und wertbezogenes Handeln und Denken und
  •  das Erkennen von sozialen Abhängigkeiten und Gesetzmäßigkeiten.

Fröbel hat lebenslang von Kindern gelernt. Seine lebendige Sprache ist dem Kind nahe. Sie geht von seinem Bedürfnis aus – und nicht von definierten Begriffen. Seine Spielpädagogik denkt und fühlt mit dem Kind, ja sie denkt und fühlt wie ein Kind (ebd., S. 133 ff.).

Dem Kind fantasiereiches Spiel ermöglichen

„Phantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt. Phantasie umkreist die Welt“ (Albert Einstein, 1929, zit. n. Zimpel, 2019, S. 31). Diese Erkenntnis des bekanntesten Physikers der Neuzeit trifft besonders für das Kind zu, das von Beginn an seine Fantasie und seinen Forschergeist zusammen mit anderen Menschen entwickeln will. Im Spiel des Kindes und des Erwachsenen tritt eine Willenskraft hervor. Spielforscher haben weiter erkannt (vgl. Klein, 2021, S. 95 ff.):

  • Spiel als ureigene Lebensform ist der Wille zum Leben, den jeder Mensch mit seinem Denken in der Tiefe seines Herzens pflegen will.
  • Durch rhythmische und musische Spiele entstehen Resonanzräume, die auch das scheinbar unerreichbare Kind zum gemeinsamen Weiterschreiten einladen.
  • Im Spiel begegnen sich Menschen. Das Ich des Einen entwickelt sich am Du des Anderen. So kann in kleinen Lebenseinheiten eine einladende Welt gestaltet werden. Und das Kind baut sich in Kommunikation mit anderen Menschen seinen inneren Bauplan auf, der nach der Reformpädagogin Maria Montessori göttlichen Ursprungs ist (Klein, 2019, S. 151).

Im Spiel liegen heilende Kräfte

Im vorgeburtlichen Leben ist das sich entwickelnde Kind noch gänzlich mit seiner Umgebung verwachsen. Daher können traumatisierte Erfahrungen der Mutter während der Schwangerschaft in die Ausbildung des kindlichen Organismus eingreifen. Buchstäblich alles, was die Mutter während dieser Zeit erlebt, wie Stressbelastung, Konflikte mit Partner oder Umfeld, insbesondere auch existentielle Angst vor möglichem Verlassenwerden, beeinflussen den mütterlichen Stoffwechsel und können im Extremfall mit nachhaltigen Beeinträchtigungen auf das sich entwickelnde Kind wirken.

Nach der Geburt beginnt ein längerer Prozess, in dem das Kind durch fantasiereiches Spiel sein Inneres mit dem Äußeren seiner Umgebung in ein ausgleichendes und harmonisches Verhältnis bringen will. Offenbar liegen im Spiel heilende Kräfte. Das erkannte der Schweizer Erzieher, Psychoanalytiker und Psychotherapeut Hans Zulliger schon 1952 (Zulliger 2017).

In diesem Wechselspiel entwickelt sich das Kind, sofern es eine „Feinfühligkeit von Eltern und ErzieherInnen“ erlebt (Staatsinstitut für Frühpädagogik, 2019), die ihm sein individuelles Spiel ermöglichen. In dieser einladend gestalteten Atmosphäre erlebt es: Ich bin nicht allein! Ich habe Menschen, die bleiben bei mir auch dann, wenn es (noch) keine unmittelbare Lösung des Problems gibt oder zu geben scheint.

Bei diesem Miteinander von Kind und Bezugsperson(en) bildet sich ein Resonanzraum aus, in dem panische Angst und/oder schwer nachvollziehbare herausfordernde Verhaltensweisen positiv beeinflusst werden. Durch diese wechselseitigen Resonanzerfahrungen erlebt das einst gefährdete Kind und sein(e) Begleiter, dass diese Momente gemeinsam ausgehalten und erfolgreich überstanden werden. Es benötigt einen Raum der Geborgenheit.

Geborgenheit schenkt dem Kind den Möglichkeitsraum zum Spielen

Dass ein Kind erst aus dem Erleben der Geborgenheit (Sicherheit, Zuverlässigkeit,

Beständigkeit) sich frei und mit kühnen, ja utopischen Fantasien über alles erheben

will, das hat Astrid Lindgren in ihren weltweit bekannten Kinder- und Jugendbüchern

gezeigt. Sie ist in die Welt des Kindes tief eingetaucht und gab mit ihren fantasievollen und utopischen Gedanken den Kindern jene Spielräume, nach denen sie sich sehnen. Sie schenkte ihnen Möglichkeitsräume für ein glückliches Leben, die sie durchspielen und der wirklichen Welt entgegenstellen können.

Lindgrens Geschichten faszinieren über Generationen hinweg unzählige Kinder. Sie ermöglichen dem Kind seine Fantasie und Vorstellung (Denken), sein Fühlen und Handeln frei auszudrücken und sich durch das Erfahren von Gut und Böse, Sieg und Niederlage, Erfolg und Misserfolg zu erproben. Hier bezieht sich das Kind nicht auf die gegebene Wirklichkeit. Es bildet vielmehr eine neue Wirklichkeit, die einem entworfenen Spiel gleicht.

Das Spiel schafft dem Kind seine Wirklichkeit

Ein Holzstück kann ein Schiff sein. Und ein Stück Stoff verkörpert die Prinzessin. Die Prinzessin geht vom Schiff an Land, und das Kind betrachtet es weder als Betrug noch als Selbstbetrug, dass es in Wirklichkeit ein Stoffstück selbst an Land trägt, das es in eine Prinzessin verwandelt hat. Im Spiel gewinnt der Gegenstand jene Bedeutung, die ihm das Kind verleiht. Es schafft selbstwirksam im Spiel die Bedingungen, unter denen verschiedenste, ja widersprüchlich erscheinende Lebenserfahrungen sich miteinander verbinden. Das zeigen die beiden Beispiele (vgl. Klein 2018, S. 139 f.).

Anna spielt ihr Spiel

Anna, 4 Jahre, ein Kind mit Trisomie 21, spielt im Kindergarten mit ihrer Puppe. Die Puppe ist ihr Kind. Sie hat einen Namen. Sie heißt Susi. Susi ist

– bald hungrig,

– bald traurig,

– bald schmutzig,

– bald unfolgsam und

– dann am Ende ist Susi müde.

Anna

– füttert ihre hungrige Susi,

– tröstet und ermutigt ihre traurige Susi,

– wäscht ihre schmutzige Susi,

– „bestraft“ ihre unfolgsame Susi und

– bereitet schließlich ihre müde Susi zum Schlafengehen vor und legt sie in aller

   Ruhe ins Bett.

Anna erlebt ihre Susi in Analogie zum eigenen Ich. Sie schlüpft in die Rolle der Mutter und identifiziert sich mit der Puppe, die ganz und gar ihr gehört: Die müde Susi muss jetzt schlafen – Anna ist müde und geht jetzt auch schlafen.

Berrit spielt ihr Spiel

Berrit, ein 5-jähriges Mädchen, geht im Gruppenraum zu ihrer Freundin Theresia. Sie erzählt ihr wozu sie Lust hat (Interesse). Ausgiebig spricht sie über ihre Wünsche und Gedanken, darüber wie sie sich ihre Hochzeit mit Jan, ihrem Freund vorstellt (Sprache, Sprechen). Berrit führt Theresia zuerst zur Verkleidungskiste, dann zum Spiegel und Berrit probiert mit ihrer Hilfe viele verschiedene Sachen an (sozialer Bereich). Die Hüte, Schleifen und Schleier reichen offenbar nicht aus. Berrit überlegt und geht bald zum Materialschrank, in dem sie schöne Stoffreste findet. Sie schaut diese mit Theresia an. Beide entschließen sich ein Kleid herzustellen, das alle bisherigen Hochzeitskleider weit in den Schatten stellen soll.

Aber wie kann aus den Stoffresten das Kleid gemacht werden? Nadel und Faden sind nicht vorhanden. Berrit überlegt weiter (Denken). Plötzlich kommt ihr eine Idee. Sie geht zum Kerzenschrank, fragt die Erzieherin um Erlaubnis und schmilzt alle Kerzenstummel in einen Topf ein. Sie weiß, dass Kerzenwachs bei entsprechender Hitze flüssig wird (Intelligenz). Bald ist das gesamte Wachs flüssig. Nun breitet sie einen großen Papierstreifen auf den Boden aus, legt sich darauf und lässt von Theresia ihren Körperumriss auf dem Papier aufzeichnen. Sie legt die Stoffe so auf das Papier, wie sie es sich ausgemalt hat (Fantasie). Bald beginnt sie die Stoffreste an ihren Enden mit dem flüssigen Wachs zu verbinden. Sie geht zwischen dem nun entstehenden Brautkleid und dem heißen Wachs hin und her (Bewegung). Ihre konzentrierte Spiel-Tätigkeit führt zum Erfolg. Berrit fühlt sich bestätigt.

Sie hat ihre Vorhaben so abgeschlossen, wie sie sich das in ihrer Vorstellung und Fantasie ausgemalt hatte (Kreativität). Rasch zieht sie das Kleid an und tanzte vor Freude (Gefühl). Die Tatsache, dass ihr Auserwählter wegen des Weiterspielens mit Heiko keine Lust zur Heirat hatte, störte Berrit nicht weiter. Sie entschließt sich spontan, mit Theresia ab sofort eine Modeboutique zu eröffnen.

Spielen und Lernen bilden eine Einheit

Anna und Berrit verstehen das Spiel als Mittelpunkt ihrer Aktivitäten und verleihen ihm die Bedeutung, die sie für wichtig halten. Sie

  • stabilisieren ihre Ich-Identität,
  • verbessern ihre Belastbarkeit,
  • erweitern ihre soziale Sensibilisierung und
  • eignen sich die Gegenstände der Natur und Kultur

an.

Kinder bilden in ihrer Lebensgrundform Spiel ihr eigenaktives Handeln aus, das ihre geistigen, sozialen, emotionalen, motorischen und kreativen Potenziale weiter anregt. Und das geschieht in einer differenzierten Vernetzung und gleichzeitigen Vielfalt, die kein Lernförderprogramm erreichen kann.

Spielen ist untrennbar mit der Entwicklung des Kindes verbunden und besitzt daher entscheidende Bedeutung für seine Entwicklung. Es gilt als Vorstufe und Nährboden für den Erwerb lebenspraktischer Fähigkeiten und Fertigkeiten, um das eigene Leben weitestgehend autonom, initiativ und selbstbewusst zu gestalten.

Das Spiel trägt dazu bei, dass das Kind

  • selbst aktiv wird und gleichzeitig seine Lernauswirkungen (concomitant learning) aufbaut,
  • Gewohnheiten und Routine überwindet,
  • Lösungswege für Handlungsabsichten entwirft und einsetzt,
  • bekannte Handlungsmuster erweitert und hinderliche Muster überwindet,
  • sich unbekannten Dingen des Lebens zuwendet, sich mit ihnen auseinandersetzt und neugierig bleibt,
  • kreative Aspekte in seinen Handlungsspielraum integriert,
  •  Neues wagt,
  •  Sinnverbindungen knüpft und somit
  • ein suchendes Subjekt bleibt.

Sieht man in diesen Kompetenzen lebensbedeutsame Grundleistungen, dann wird deutlich: „Spielen und Lernen bilden eine nicht zu trennende

Einheit; oder: Spielen ist Lernen bzw. Lernen ist Spiel“ (Krenz, 2020, S. 16 ff.).

Spiel darf nicht funktionalisiert werden

Das Spiel des Kindes ist also kein ineffektiver und bedeutungsloser Zeitvertreib, wie Erwachsene oftmals meinen. Spiel darf nicht in funktionalisierter Form gezielt eingesetzt werden. Es muss zweckfrei und funktionsvielfältig erlebt werden können. Spielfreude hilft dem Kind dabei, seine Selbstaktivität immer wieder aufs Neue entdecken und einsetzen zu wollen – und das ist bekanntermaßen die wichtigste Form des Lernens, geht es doch auch im späteren Leben darum, die Welt zu erkunden und dabei den eigenen Stellenwert zu entdecken, sich bei Problemstellungen auf die Suche nach Lösungswegen zu begeben, lösungsorientierte Handlungswege zu entwickeln und mit Motivation, Konzentration und Lernbereitschaft das eigene Leben selbstverantwortlich zu gestalten.

Spiel schafft inklusive Momente

Durch das Gestalten der Spiel-Lernprozesse werden allen Kindern neue Teilhabechancen ermöglicht. Das aus den veranlagten Kräften sich entwickelnde Spiel wirkt wie ein „Feuerwerk für die grauen Zellen im Gehirn“ (Hüther/Quarch, 2018, S. 15). Spiel ist für jedes Kind wie der Humus, wie der Nährboden für nachhaltige inklusive Prozesse. Darauf machen der Neurobiologe Gerald Hüther und der Philosoph Christoph Quarch aufmerksam.

Beide Forscher bestätigen aus biologischer und philosophischer Sicht das bekannte Wort des Dichters Friedrich Schiller das im 15. Brief über die ästhetische Erziehung des Menschen zu finden ist: “Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt“ (zit. n. Klein 2021, S. 95).

Der Sinn dieser Aussage gewann durch die Hirnforschung an Tiefe. Sie entdeckte, dass kleine Kinder über viel mehr neuronale Verschaltungen im Gehirn verfügen als Erwachsene. Das erklärt auch, dass kein Kind dem anderen gleicht; nicht einmal eineiige Zwillinge. Jedes Kind spielt aus seinem Frei-Sein sein eigenes Spiel und baut so seine ganz eigene Welt, sein individuelles Weltbild auf. Grenzt das nicht an ein Wunder, gerade dann, wenn Menschen sich untereinander verstehen, sich letztendlich - auch im Streit - auf bestimmte Tatsachen und Regeln einigen und am Ende diese Unterschiede als Bereicherung erleben und die Würde des Anderen achten lernen? Sie erleben Freiheit in mitmenschlicher Verbundenheit.

Fazit

  • Im Spiel erleben und achten sich die Kinder mit und ohne Behinderung als gleichwertige Partner. Sie gestalten etwas Gemeinsames, lernen sich in die Perspektive des anderen hineinzuversetzen. Hüther und Quarch sprechen von „Ko-Kreativität im Spiel“, weil eben aus der Beziehung das gemeinsame Lernen gelingt und etwas Neues entsteht (Hüther/Quarch, 2018, S. 12).
  • Das Spiel bringt inklusive Momente hervor. Das eine Kind erlebt, dass das andere Kind nicht über das gleiche Können und Wissen verfügt, wie es selbst. Und genau diese Erfahrung ist für das fantasiereiche und kreativ-forschende Kind ein wichtiges Schlüsselerlebnis, bei dem die aufmerksam beobachtende und feinfühlende pädagogische Fachkraft eine entscheidende Rolle spielt (Zimpel, 2019, S. 35).
  • Wer wirklich sein Ich, sein Selbst fühlt, der erfährt sich als Zentrum seiner Welt, als der wahre Urheber des eigenen Tuns. Genau das will und tut das Kind in seiner Lebensgrundform Spiel, bei dem es die Fachkraft aufmerksam begleitet, leitet und führt.

Literatur

Becker, H. (1989): Auf dem Weg zur lernenden Gesellschaft. Stuttgart, Klett.

Hüther, G./Quarch, Ch. (2018): Rettet das Spiel! Weil Leben mehr als Funktionieren ist. München: Hanser.

Klein, F. (2018): Inklusive Erziehung in Krippe, Kita und Grundschule. München: BurckhardtHaus.

Klein, F. (2019): Inklusive Erziehungs- und Bildungsarbeit in der Kita. Heilpädagogische Grundlagen und Praxishilfen. 3. Auflage. Köln: Bildungsverlag EINS.

Klein, F. (2021): Bewegung, Spiel und Rhythmik. Drei unverzichtbare Elemente in der inklusiven Kita-Praxis. Dortmund: verlag modernes lernen.

Krenz, A. (2020): Das Spiel ist der Beruf des Kindes. Das kindliche Spiel als Selbsterfahrungsfeld und Bildungsmittelpunkt für Kinder. Das Kita-Handbuch, Dr. Martin Textor, 97074 Würzburg, Fichtestraße 14a. https://www.kindergartenpaedagogik.de/fachartikel/freispiel-spiele/2100.

Krenz, A./Klein, F. (2013): Bildung durch Bindung. Frühpädagogik: inklusiv und beziehungsorientiert. 2. Auflage. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

Staatsinstitut für Frühpädagogik (2019): Feinfühligkeit von Eltern und ErzieherInnen. Herausgeber BKK Landesverband Bayern, Züricher Str. 25, 81476 München.

Zimpel, A. F. (2019): Spiel und Förderung. In: Menschen. Zeitschrift für gemeinsames Leben, Lernen und Arbeiten, 42 (6), 31-36.

Zulliger, H. (2017): Heilende Kräfte im kindlichen Spiel. Das Spiel ist die eigentliche Sprache des Kindes. 8. Auflage. Magdeburg: Dietmar Klotz.