Das Bild zeigt eine junge Frau mit Downsyndrom bei der Schönheitspflege. Sie sitzt im weißen Nachthemd weit nach hinten gelehnt und entspannt in einem Lehnstuhl. Auf den Augen liegen Gurkenscheiben, das Gesicht ist weiß eingecremt, die Haare sind in ein gelbes Handtuch eingewickelt.

Aus dem Fotoessay „Zauber des Lebens“, Snezhana von Büdingen-Dyba

Foto: © Snezhana von Büdingen-Dyba
aus Heft 4/5/2023 – Fotoessay
Snezhana von Büdingen-Dyba

Aus dem Fotoessay „Zauber des Lebens“

Es war ein warmer Samstagmorgen. Sofie, nun 21 Jahre alt (im Bild oben), und mich verbindet eine langjährige Freundschaft und wir trafen uns in diesem Sommer wieder.

Seit 2017 hatte ich ihren Alltag auf dem Gutshof ihrer Familie und ihre erste Beziehung in all ihren Höhen und Tiefen miterlebt. Fast ein Jahr nach der Trennung von ihrem Freund Andy sah ich sie an diesem Morgen wieder fröhlich der Hausarbeit auf dem Familiengut nachgehen. Wenn ich auf dieses Bild blicke, denke ich immer wieder daran, dass die wahre Freude und ein gewisser Zauber des Lebens auch in kleinen alltäglichen Dingen zu finden ist.
Heute befindet sich Sofie in jenem unbeholfenen, aber schönen und aufregenden Alter des Übergangs von einem Mädchen zu einer Frau. Sie schminkt sich gerne, macht sich schön für die Partys. Sie schneidet sich die Haare, wenn sie einen Drang zur Veränderung verspürt. Sie hilft gerne ihrer Mutter Barbara im Haushalt und um die Weihnachtszeit herum ihrem Vater in seinem Antiquitätengeschäft im benachbarten Ort. Leider hat Sofie in den letzten Jahren auch traurige Ereignisse erleben müssen. Auf die Trennung von ihrem Freund Andy folgte die Zeit der Isolation aufgrund der Covid-19-Pandemie. Sofie gehörte, wie alle Menschen mit Down-Syndrom, zur Risikogruppe für Covid-19. Sie konnte nicht verstehen, warum es so gefährlich war, warum keine Freunde zu Besuch kamen und warum sie nicht mehr selbst einkaufen gehen durfte. Ich habe einige Tage in dieser Zeit mit ihr verbracht und beobachtet, wie sie diese schwierige Phase durchstand, womit sie beschäftigt war und wie sie mit der Isolation zurechtkam. Die Sonne und die Natur schenkten ihr in dieser turbulenten Zeit Momente des Glücks. Ihre Mutter fuhr sie gelegentlich aufs Feld. Dort fühlte sich Sofie frei, vor Gefahren geschützt und voller Freude.
Heute lebt Sofie nach wie vor auf dem Bauernhof mit ihren Eltern und hofft, bald ihre große Liebe zu finden.

Fotografin:

Snezhana von Büdingen-Dyba lebt und arbeitet in Köln. Ihre vielfach prämierte Serie Meeting Sofie (2017–2021) über eine junge Frau mit Down-Syndrom wurde weltweit in Museen und Galerien ausgestellt. 2022 erschien die Arbeit als gleichnamiges Fotobuch. www.vonbuedingen.com