"Einsamkeit ist schwarz wie ein dunkles Loch"
Gedanken zu Einsamkeit aus dem Randkunstatelier Lieboch
Eigenartig
von Christoph Dietrich
Ganz komisch, im Haus drinnen.
Zu Weihnachten. Neben mir ist der Christbaum gestanden.
Und wie die zwei drinnen waren im Spital, also die Oma und der Opa,
war das irgendwie total eigenartig.
Als ob niemand da wäre, nur der Weihnachtsbaum, ich und die Mama.
Sonst kein Mensch, also ich und mein Haus, wo ich wohne. Und der Christbaum.
Das war alles, an das ich mich erinnern kann.
Ganz eigenartig hat sich das angefühlt.
Nicht normal, sondern ganz eigenartig.
Als ob niemand hier wäre, als ob das Haus leer wäre.
Wenn ich drinnen sitz’ im Wohnzimmer, wo der Fernseher steht,
da steht so ein Kastel, und da stand der Christbaum oben. Der stand dort.
Eigenartig. Es ist eigenartig.
Meistens zur Winterzeit, wenn Weihnachtsdinge sind.
Dann fühle ich diese Einsamkeit, die mich kalt werden lässt, mich schwach macht.
Es ist schwer, es ist schwierig, das zu verstehen.
Ich weiß nicht, warum.
Da gibt’s so viele Gründe, wo man vielleicht irgendwie spürt,
dass nichts mehr so ist, wie es früher war.
Diese Frühigkeit, das Gefühl von früher, noch zu spüren, ist nicht mehr so, wie es war.
Es fehlen mir alle beide, die ich gern gehabt habe.
Ich fühle mich zwar nicht verlassen, aber trotzdem ist es eigenartig.
Als ob irgendjemand nicht hier wäre, sondern nur der Baum, ich und die Mama.
Zu dritt halt. Und das finde ich seltsam.
Manchmal schmerzhaft, das stimmt.
Und manchmal … ich sitze dort im leeren Haus, nur der Schrank und der Christbaum.
Wenn die Kerzen angezündet sind, geht es eh, aber wenn man lange im Haus ist, wo nur der Christbaum alleine ist, dann kommt das komische Gefühl irgendwie.
Als ob irgendetwas eigenartig wäre, das wahrscheinlich verloren geht, von irgendwas.
Eine verlorene Zeit. Eine verlorene Gegenzeit.
Es ist zwar alles noch da, aber trotzdem ist es irgendwie eigenartig.
Als ob man nichts mehr spürte. Aber man spürt, hier ist alles leer im Haus, einfach nur leer, ohne irgendetwas Lebendes im Haus, das ist das Schreckliche.
Diese Dimension in meinem Kopf.
Sie will mir sagen, dass das Haus leer ist, das will sie mir sagen.
Einsamkeit plagt jeden
von Denise Luttenberger
Menschen fühlen sich einsam, wenn sie keine Freunde oder Familie haben. Wenn man keinen anderen zum Reden hat, spricht man von Einsamkeit. Auch Tiere können einsam sein.
Isolation ist für mich, wenn man Menschen trennt, die eine hochansteckende Krankheit haben, wie zum Beispiel bei Covid-19. Der Unterschied zwischen Isolation und Einsamkeit ist: Du bist zwar in beiden Fällen von der Außenwelt abgeschnitten, aber bei der Isolation kann man nach ein paar Wochen wieder Kontakt mit der Außenwelt aufnehmen. Bei der Einsamkeit bleibt man alleine.
Wenn mein Freund nicht zu Hause ist und mich die Einsamkeit plagt, gehe ich zu meinem zukünftigen Schwiegervater auf einen Kaffee und danach unterhalte ich mich mit unseren Tieren, füttere die Katze und spiele mit dem Hund. Wenn ich einsam bin, gehe ich mit ihm spazieren. Auch ein Hund braucht Bewegung. Und mir schadet es nicht. Wenn mein Freund in Wien ist und mein zukünftiger Schwiegervater schon schlafen gegangen ist, schaue ich, dass ich mich selbst beschäftige. Zum Beispiel gehe ich mit dem Hund noch mal raus und danach spiele ich mit der PS4, bis ich müde bin.
Ich finde, Einsamkeit ist schwarz. So schwarz wie ein dunkles Loch. Aber wenn ich merke, dass jemand einsam ist, dann setze ich mich zu ihm und rede mit ihm.
Einsamkeit kann betrüben
von Florian Haider
Für mich ist Einsamkeit etwas sehr Persönliches. Oft muss ich mich schon überwinden, darüber zu schreiben. Darüber, was mich seit meiner Jugend bewegt.
Einsamkeit habe ich auch in Beziehungen erlebt, wo ich nicht so reden konnte, da meine Partnerinnen nicht auf dem gleichen Level waren und wir wenig gemeinsame Interessen hatten.
Bei mir wirkt Einsamkeit, wenn ich alleine im Zimmer bin oder auch in der Gemeinschaft, da meine sogenannten Gleichgesinnten oft in ihrer eigenen Welt leben, wohin ich ihnen nicht folgen kann oder möchte.
Ich denke, durch zu viele äußere Reize und auch durch die sozialen Netzwerke werden wir einsamer.
Warum? Weil wir dadurch ein kurzes Glücksgefühl spüren und dann eben nicht mehr.
Um meine Einsamkeit zu überwinden, spiele ich auf der Gitarre oder Djembe. Mit meiner derzeitigen Freundin kuschle ich und unternehme diverse Aktivitäten, weil ich dabei einfach die schönsten Gefühle empfinde.
Übrigens empfiehlt es sich sehr, sich selbst zu umarmen. So merkt man, ob man sich eigentlich mag oder nicht, und vor allem, ob man sich schön findet. Das ist meine Erfahrung.
Einsam oder nicht
von Jacqueline Kaspar
Die meisten Menschen fühlen sich einsam, wenn sie alleine sind. Obwohl man Freunde hat, kann man sich trotzdem einsam fühlen. Einsamkeit bedeutet für mich, niemanden zu haben, mit dem man reden kann. Man fühlt sich unwichtig, und man ist auf sich alleine gestellt. Isolation bedeutet für mich, sich zurückzuziehen, nicht mehr rauszugehen, sich die ganze Zeit zu verstecken, die ganze Zeit im Haus oder in der Wohnung zu verbringen. Bei der Isolation zieht man sich zurück, man sperrt sich ein, man tut etwas.
Bei der Einsamkeit fühlt man sich alleine unwichtig, also man „fühlt es“. Ich fühle es in manchen Situationen, wenn meine Mitbewohnerin am Wochenende nicht zu Hause ist. Ich fühle mich auch einsam, wenn ich in meiner Wohnung bin, obwohl meine Mitbewohnerin da ist. Früher, als Kind, habe ich mich nie einsam gefühlt, aber da ich jetzt erwachsen bin, bemerke ich, dass es in manchen Situationen schon so ist. Was ich brauche, wenn ich mich einsam fühle: ein paar Menschen um mich herum!
Ich gehe einfach in das Büro von den Betreuern, oder ich besuche eine WG-Kollegin. Der Unterschied zwischen allein und einsam ist der gleiche wie zwischen Isolation und Einsamkeit. Was ich auch mache, wenn ich einsam bin, ist, dass ich mit jemandem telefoniere oder schreibe. So weiß ich, da ist gerade jemand für mich da. Eine Situation, in der ich mich einsam gefühlt habe, war, als alle in meiner WG in einer Beziehung waren. Da dachte ich mir: „Na toll, niemand hat mehr Zeit für mich“! Ich habe mich total einsam gefühlt, natürlich wurde dadurch auch meine Eifersucht immer größer. Einsamkeit schmeckt für mich nach gar nichts und hat für mich die Farbe Beige.
Wenn jemand anderes sich einsam fühlt, spüre ich das, ich bin für andere immer da und biete ihnen etwas an, zum Beispiel einen gemeinsamen Shoppingtag, oder wir gehen gemeinsam essen.
Ich finde, dass man sich etwas besser fühlt, wenn man über dieses Thema schreibt, man hat eine Last weniger und fühlt sich dann leichter.
Einsamkeit schmeckt bitter
von Johanna Tappler
Einsam möchte ich nie sein.
Es ist nicht schön, ganz allein auf der Welt zu sein. Ganz und gar nicht.
Einsamkeit schmeckt bitter und hat die Farben Grau/Schwarz für mich.
Was ich gegen die Einsamkeit mache? Ich bin immer bei jemandem.
Ich habe mich zuletzt einsam gefühlt, als ich in meiner Hauptschulzeit auf der Sportferienwoche im Burgenland war. Ohne meine Familie. Aber zum Glück waren die Schulfreunde da, das tat mir dann wieder gut. Freundschaften helfen sehr gut gegen Einsamkeit.
Ich kann das bezeugen, weil ich ein paar persönliche und auch WhatsApp-Freundschaften habe. Ich bin wirklich reich an Freundschaften, das sage ich zu jedem, der glaubt, ich hätte nur meine Familie als Freunde. Zehn Freundschaften bei WhatsApp insgesamt.
Wenn jemand einsam ist, rede ich mit der Person, die sich einsam fühlt, und biete ihr an, mit mir in einem Kaffeehaus etwas zu trinken. So kommen wir ins Gespräch, und die Person fühlt sich nicht mehr einsam. Das ist auch mein Ziel, damit niemand, den ich kenne, sich so einsam fühlen muss.
Es hilft mir auch sehr, über das Thema nachzudenken. Da muss ich selbst zugeben, ich habe mich auch einmal so einsam gefühlt, trotz Familie und Freunden.
Ich habe manchmal das Gefühl, der einzige Mensch auf der Welt zu sein. „Nur die Tiere sind bei mir“ (das hat Rapunzel einmal in einem Hörspiel gesungen).
Ich weiß auch, wie sich die dreizehnte Fee gefühlt haben muss, als sie als Einzige nicht zur Taufe von Dornröschen eingeladen wurde.
Ja, Gefühle der Einsamkeit sind Momente, die bei uns Menschen nicht sehr beliebt sind.
Das Gefühl, alleine zu sein
von Michelle Pagger
Manche Menschen fühlen sich im Laufe ihres Lebens allein. Jeder kann Einsamkeit, unabhängig von seinem sozialen Umfeld, empfinden. Über längere Zeit kann sie die Betroffenen sogar krank machen. Unter anderem kann Einsamkeit zu erhöhtem Blutdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlafstörungen und im schlimmsten Fall zu Depressionen führen. Ältere Personen sind im Durchschnitt stärker von ihr betroffen als jüngere.
Ich persönlich kenne das Gefühl von Einsamkeit nicht. Ich genieße die Zeit mit meinem Freund, meinen Eltern und meinen Verwandten. Trotzdem empfinde ich dauerhafte Gesellschaft als beklemmend. Oft wähle ich bewusst Freizeitaktivitäten, die ich allein ausüben kann. Eine davon ist Spazierengehen.
Bei meiner Mama ist das anders. Aufgrund ihrer vielen Erkrankungen kann sie heute nicht mehr arbeiten und kümmert sich deswegen um den Haushalt. Weil mein Papa von Montag bis Freitag als Lkw-Fahrer im Ausland tätig ist, fühlt sich meine Mutter nicht selten sehr einsam. Sie empfindet das Alleinsein als belastend, da sie gerne unter Menschen ist und früher einen großen Freundeskreis hatte. In solchen Momenten ist meine Mama froh, dass sie ihre beste Freundin, mit der sie bereits seit 25 Jahren befreundet ist, jederzeit anrufen kann. Die beiden besuchen unter anderem gerne Cafés oder sie gehen zusammen einkaufen. Selbstverständlich sind mein Papa und ich auch immer für sie da.
„Die Menschen denken, dass alleine sein einsam macht. Aber das glaube ich nicht. Von den falschen Menschen umgeben zu sein, ist das Einsamste auf der Welt.“ (Kim Culbertson, Autorin)
Autor:
Atelier Randkunst Lieboch, Steiermark
2002 wurde Randkunst von der Lebenshilfe ins Leben gerufen, um begabte Menschen mit Behinderung in der Umsetzung ihrer kreativen Visionen zu begleiten.
Kontakt:
Tel. (03136) 61 172-111,
randkunst.lieboch@lebensgross.at