Ein gemaltes Bild: Eine Frau mit roten Haaren und eine blonde Frau auf der rechten Seite. Sie beide haben eine graues enges Kleid an. Die Beine sind frei. Sie stehen auf einem Boot im Ozean. Das Meer ist blau und der Himmel hellblau.

Konrad Wartbichler, Schiff, 2015, Mischtechnik auf Leinwand, 100 x 100 cm; Konrad Wartbichler ist Künstler in der Medienwerkstatt Lieboch, s. Seite 35

Foto: © Konrad Wartbichler
aus Heft 6/2022 – Fachthema
Raquel Soriano Rico

Berührung in eine körperliche Begleitung umwandeln

Aus dem Spanischen von Monika Mazegger
Illustrationen von Patricia Palao Castillo

Es ist Morgen, wir liegen in Embryonalstellung im Bett. Die Person, die sich um uns kümmert, kommt herein, um uns beim Aufstehen zu helfen und unsere Körperpflege zu machen. Wir brauchen bei allem Hilfe, wir sind aufgrund unserer motorischen Probleme nicht autonom, aber wir haben auch keine mündliche Sprache, um auszudrücken, was wir brauchen, oder um auf herkömmliche Weise mit unserer Bezugsperson in Beziehung zu treten. Wie möchten wir begrüßt, wie möchten wir aufgerichtet und gewaschen werden?

Wie würden wir uns die Annäherung des Gegenübers an unser Bett wünschen? Wie würde die erste Berührung unseres Körpers aussehen, wie möchten wir, dass unser Körper aktiviert wird, wie würde man uns mitteilen, dass die Zeit zum Aufstehen gekommen ist, wie würde man uns mitteilen, dass man uns aufrichten wird, wie uns sagen, dass man unseren Körper, unseren Kopf drehen oder unseren Rumpf beugen wird? ... Kurz gesagt, wie wollen wir, dass man uns jede dieser Aktionen erklärt, kommuniziert und aufbaut, um uns aus dem Bett zu helfen?

Jetzt versetzen wir uns ernsthaft in die Lage der betreuten Person. Ob wir nun von einer Fachkraft oder einem Familienmitglied betreut werden, die Pflegkraft – trotz aller Liebe der Welt, die sie uns entgegenbringt – ist sich weder bewusst noch achtet sie darauf, was sie uns mit den Händen oder in der mündlichen Kommunikation anbietet, weil sie nicht weiß, wie sie es machen soll, und es ihr auch nicht anders beigebracht wurde.

Was können wir bei dieser Routine wirklich fühlen und wahrnehmen, die sich Tag für Tag wiederholt, wie viel Berührung erhalten wir unbewusst von der Bezugsperson? Leiten uns ihre Berührungen? Verwirren sie uns? Was sagen uns diese Kontakte? Bieten sie uns körperliche Informationen über unseren Körper, darüber, wohin wir uns drehen oder ob wir einen Körperteil bewegen können? Geben uns diese Berührungen Sicherheit und Vertrauen? Können wir diese Berührungen im Vorfeld erahnen? Nimmt die Bezugsperson unseren emotionalen Zustand wahr? Nimmt sie unsere körperlichen Reaktionen wahr? Nutzt sie ihre Hände, ihren Körper und ihre Berührungen, um mit uns körperlich zu kommunizieren?

Diese Berührungen, die wir alltäglich machen, geschehen automatisch, unbewusst, und wir achten dabei nicht speziell auf die Reaktionen, die sie bei einer Person hervorrufen. Es sind unstrukturierte Berührungen, die ohne Ziel und ohne Absicht, irgendetwas zu bewirken, gemacht und ausgeführt werden.

Um diese Art, so mit jemandem in Beziehung zu treten, zu durchbrechen, müssen wir bewusst, strukturiert und zielgerichtet begleiten lernen und so den Akt der Berührung in eine KÖRPERLICHE BEGLEITUNG umwandeln.

Um Berührung in körperliche Begleitung umzuwandeln, ist es wichtig, verschiedene Werkzeuge, Elemente und Techniken zu kennen, um jede Begleitung zu personalisieren und – je nach den Bedürfnissen der jeweiligen Person und je nach dem Zweck der Begleitung – an jede Person in jedem Moment oder jeder Situation anzupassen.

Bei der körperlichen Begleitung ist es wesentlich, die Wechselbeziehung zwischen Berührung, Emotion und Kommunikation im Auge zu behalten. Die drei Sphären bilden und gestalten die körperliche Begleitung. Die Art und Weise, wie man hinhört, die Sphären strukturiert und anwendet, prägen den Verlauf jeder Begleitung.

Ganz allgemein möchte ich die folgenden Gedanken vermitteln: Wann immer wir berühren oder berührt werden, kommunizieren wir, ob bewusst oder unbewusst, und diese Berührung ruft wiederum eine Reaktion und eine Emotion hervor. Ausgehend von dieser Wechselbeziehung können wir Berührung nutzen, um Körpersprache und körperliche Kommunikation zu erzeugen, und so gelingt es uns, über eine durch Berührung geschaffene Sprache zu kommunizieren.

Berührung ist eines der wertvollsten Werkzeuge der körperlichen Begleitung. Entscheidend ist, zu wissen, wie man sie benutzt, lernt, sie an die jeweilige Person anzupassen, und sie – zusammen mit anderen Werkzeugen und Elementen der Basalen Stimulation® – richtig einsetzt, um mit jeder Person Sprache und Kommunikation über den Körper aufbauen zu können. Später einige Beispiele dazu.

Emotionen kommunizieren und helfen uns zu kommunizieren. Die Hauptsache ist, während der Begegnung auf den emotionalen Zustand des Gegenübers zu hören und spezifische und individuelle Codes der Körpersprache auf emotionaler Ebene mit ihm zu schaffen. Man bietet körperliche Begleitungen an, um Emotionen zu begleiten, zu regulieren, mitzuteilen, weiterzugeben und zu kommunizieren.

Kommunikation ist ein sehr breit gefächertes, interessantes und gehaltvolles Thema, aber ich werde in diesem Artikel nicht näher darauf eingehen, was Kommunikation ist und was sie umfasst, obwohl ich kurz auf Prof. Dr. Andreas Fröhlich verweisen muss, weil ich bei Kommunikation von seinem Konzept, seinen Ideen und Überlegungen ausgehe, um sie zu verstehen. Nach seinem Konzept der Basalen Stimulation® bedeutet Kommunizieren – neben anderen Aspekten, die es zu berücksichtigen gilt –, miteinander eine gemeinsame Begegnung zu schaffen, in der Kommunikationsmodalitäten genutzt und aufeinander abgestimmt werden und in der Resonanz (d.h. erfahrbare Anteilnahme) gezeigt wird.

Ohne weiter auf das Konzept der Kommunikation oder die drei Sphären einzugehen, werde ich erklären, wie man die Körpersprache aufbauen kann.

Um Körpersprache aufzubauen, nutzen wir die Kommunikationsmodalitäten, die uns der Körper bietet: das heißt alle Körperteile – die Hände, Beine, den Rumpf, den Kopf, das Gesicht, die Augen, den Mund, die Stimmbänder – in ihren noch so kleinen oder großen Ausprägungen (Mikrobewegungen, Atmung, Muskeltonus). Diese Körpermodalitäten sind die ursprünglichsten, die wir besitzen. Wenn man jedoch nicht weiß, wie man sie bewusst verwendet, entgeht einem der Reichtum, sie für einen rein kommunikativen Zweck zu nutzen, sowie die Möglichkeit, sie zur Schaffung von körperlicher Begleitung, Sprache und Kommunikation anzuwenden.

In Abb. 2 sehen wir einige allgemeine Aspekte der körpersprachlichen Elemente und wie wir sie aufbauen können.

Wir als Entwicklungsbegleiter:innen bauen die Körpersprache mit den Werkzeugen, Elementen und Techniken der Basalen Stimulation® auf, die wir anhand der Kontaktvariablen anpassen und personalisieren.

Was sind Kontaktvariablen? Es sind die verschiedenen Eigenschaften, die den Kontakt darstellen: Fläche, Oberfläche, Richtung, Bewegung, Druck, Rhythmus, Dauerhaftigkeit, Geschwindigkeit, Temperatur, Textur und Dauer.

Alle Kontaktvariablen sind vorhanden, wenn wir uns berühren. Wir müssen sie nur bewusst und zielgerichtet einsetzen, um die Zusammensetzung der verschiedenen Variablen, die jede Körperbegleitung ausmachen, zu strukturieren, zu personalisieren und zu gestalten, um die Codes und Botschaften der Körpersprache mit unserem Gegenüber zu erstellen. Wesentlich ist zu wissen, wie, warum und wozu wir den Menschen körperlich begleiten.

In der körperlichen Begleitung kommunizieren und übermitteln wir Botschaften immer körperlich. Das bedeutet, dass wir den Kopf der jeweiligen Person nicht ohne Weiteres heben oder senken, dass wir nicht ohne Weiteres einen Arm heben oder ihr einen Schuh anziehen. Wir nutzen nicht nur gesprochene Sprache, um sie in ihrem Schmerz, ihrer Wut oder ihrer Freude zu begleiten, genauso antworten wir auf eine Bewegung nicht nur damit. Wir verwenden die Werkzeuge der körperlichen Begleitung, um die Körpercodes zu erstellen, aus denen jede dieser Botschaften zusammengesetzt ist.

Ich werde für ein besseres Verständnis der Körpersprache einige Beispiele anführen, wie wir sie im Alltag einer Person schaffen und anwenden könnten.

Um beispielsweise einer Person mitzuteilen, dass sie sich bewegen kann oder wir ihren Körper oder einen Teil davon bewegen werden, helfen wir ihr, sich in diesem Körperteil ebenso wie in der Richtung und Bewegung wahrzunehmen, die wir an ihr ausführen. Wir formen, bestimmen und übermitteln durch unsere „sprechenden“ Hände die Richtung, in die wir uns bewegen – nach oben, unten, rechts, links – und die Bewegung selbst: drehen, beugen, strecken, drehen … Natürlich vermitteln wir diese Informationen durch die Summe der unterschiedlichen Kontaktvariablen. Die fixen Variablen für alle Menschen sind die Richtung (an welchem Punkt des Körpers wir den Kontakt initiieren und an welchem wir ihn beenden) und die Bewegung (linear oder gekrümmt, in all ihren Abstufungen, sowie die Fortdauer) und wir variieren die Begleitung über Druck, Geschwindigkeit, Rhythmus, Textur und erstellen so die Codes der Botschaft und Körpersprache.

In den folgenden Illustrationen sehen wir einige Beispiele dafür, wie wir mithilfe unserer Händen mit einer Person „sprechen“ können, um ihr eine grundlegende Botschaft zu übermitteln. Anhand der Kontaktvariablen können wir den Aufbau der Körpersprache klarer nachvollziehen.

Den Kopf auf eine Seite drehen (Abb. 3). Wir üben Druck auf den Ausgangspunkt aus, auf die Schulter Richtung Kopf, wir schieben unsere Hand zur anderen Schulter, wo wir erneut Druck ausüben. Dann gleiten wir mit unseren Händen fließend von einem Punkt zum anderen, ohne den Kontakt zu verlieren. Was wir vermitteln wollen, ist: „Du hast deinen Kopf hier und wir werden ihn bewegen“ oder: „Du musst ihn bis hierher bewegen.“

Wir haben den Code anhand der folgenden Zusammensetzung der Kontaktvariablen erstellt:

Bereich: obere Brust (Schlüsselbeinbereich) und Schultern.

Oberfläche: Wir nutzen die gesamte Fläche, die wir mit unseren kompletten Handflächen bedecken.

Richtung: von der rechten zur linken Schulter.

Bewegung: horizontal, linear und kontinuierlich.

Druck: starker Druck auf die Schultern und normaler Druck während der Bewegung.

Rhythmus:

Druck, Gleiten, Druck

Druck, Gleiten (dreimal), Druck (am Ende des letzten Durchgangs).

Dauerhaftigkeit: Wir wechseln die Hände, ohne den Kontakt zu verlieren.

Geschwindigkeit: flüssig und an die Person angepasst.

Textur und Temperatur entsprechen unserer Haut.

Dauer: Die Sequenz wird so oft wiederholt, bis die Person die Botschaft verinnerlicht hat.

Den Körper aus der Liegeposition auf eine Seite drehen (Abb. 4). Hierfür wurde ich vom neurophysiologischen Modell von Peter Nhydal, Kursleiter für Basale Stimulation, inspiriert. Bisher wurde dieses Modell verwendet, um Menschen mit Hemiplegie Wahrnehmung und Körperorientierung zu vermitteln, aber wir können diese Technik auch anwenden, um eine körperliche Begleitung zu schaffen – mit dem Zweck, der:dem anderen mitzuteilen, in welche Richtung er oder sie einen Körperteil drehen kann oder wie wir ihn drehen werden.

Zunächst einmal werden wir dem Gegenüber Orientierung, Informationen und Körperwahrnehmung am ganzen Körper vermitteln, indem wir ihm die Richtung und Bewegung mitteilen (Bild 1). Als Nächstes bieten wir Informationen zu jedem Körperteil an: Kopf, Arme, Rumpf, Hüften und Beine (Bild 2, 3 und 4). Wir beenden die Begleitung (Bild 5, 6 und 7) gleichzeitig mit dem gemeinsamen Aufbauen der auszuführenden oder ausgeführten Bewegung, indem wir jede minimale körperliche Reaktion und jeden Versuch einer Bewegung oder eines Ausdrucks aufnehmen.

Den Rumpf aufrichten (Abb. 5). Mit unseren Händen vermitteln wir unserem Gegenüber die Richtung, in die es diesen Körperteil bewegen soll oder kann, indem wir eine fließende und energische Bewegung am Ende der Bewegungseinheit machen, wodurch die Richtung betont wird und unser Gegenüber ermutigt wird, ihr zu folgen und die Bewegung auszuführen.

Den Kopf senken (Abb. 6 a und 6 b). Das können wir auf unterschiedliche Weise kommunizieren.

Es gibt Menschen, die allein durch Anzeigen der Richtung den Kopf nach und nach senken (Abb. 6 a).

Auf der anderen Seite gibt es Menschen, die eine Begleitung mit gegensätzlichen Bewegungen im Brust- und Kopfbereich (Abb. 6 b) benötigen, damit sie uns verstehen. Wichtig ist, darauf zu achten, die Körperbegleitung dem Rhythmus der Person anzupassen.

Einen Arm heben (Abb. 7). Wir begleiten und kommunizieren mit der Person durch Körpersprache, indem wir mit unseren Händen die Richtung vorgeben und uns dann den so entstehenden Bewegungen anpassen. Begleiten und verstärken Sie jede noch so kleine Bewegung; machen Sie der Person bewusst, welche Bewegung sie macht, wie sie sich erhebt oder wie sie ihren Arm hebt, und geben Sie so der körperlichen Kommunikation zwischen beiden Lebendigkeit. Sie können auch den Arm lenken und die Bewegung in jede Richtung begleiten (vorwärts, rechts, links, höher oder tiefer).

Dies sind Beispiele für Codes, die wir verwenden können, um Botschaften sowie eine gemeinsame Körpersprache mit unserem Gegenüber für dessen Alltag zu schaffen – mit dem Ziel, zu kommunizieren oder eine Information zu übermitteln. Doch es gibt noch andere Zwecke und Gründe, jemanden körperlich zu begleiten.

Ganz allgemein liste ich hier die Zwecke der körperlichen Begleitung auf:

Körperlich kommunizieren, kommunikative Begegnungen schaffen und Kommunikation entwickeln.

Emotionen aufnehmen, vermitteln, regulieren, begleiten und erkennen.

Wahrnehmung, Information und Körperorientierung bieten.

Entwicklungen in der Begegnung und im Angebot schaffen.

Bedürfnisse decken

Es ist wesentlich, den Zweck zu kennen, mit dem wir jemanden anhand von Basaler Stimulation körperlich begleiten, damit wir eine zielgerichtete Begleitung strukturieren, anbieten und gestalten können – je nachdem, was die Person im jeweiligen Moment und in der jeweiligen Situation ausdrückt, fordert und braucht. Das Ziel der Kommunikation orientiert sich am Warum und Wozu der körperlichen Begleitung.

Aus den unterschiedlichen Zwecken entstehen die entsprechenden körperlichen Begleitungen und die Körpersprache, die wir zielgerichtet anwenden. In diesem Artikel können wir weder alle Möglichkeiten beleuchten noch mehr Beispiele für die zur Kommunikation notwendige Körpersprache geben, aber die angeführten Beispiele erlauben es, darüber nachzudenken, wie diese Körpersprache aussehen könnte.

Wichtig ist, sich bewusst zu machen, was wir mit unseren Händen und unserem Körper schaffen und anbieten. Durch den Körper zu sprechen, zu wissen, wie man vermittelt, begleitet und kommuniziert, kann bewirken, dass das Gegenüber sich hinsetzt, sich beruhigt, aufmerksam ist, den Kopf hebt, einen Gegenstand nimmt, wählt, welcher Körperteil beteiligt sein soll, oder sich beim Essen beteiligt. Die Besonderheit jeder Begleitung besteht – wie wir bereits angemerkt haben – im Zweck und in der individuellen Ausprägung.

Die Körpersprache, die zusammen mit der Person geschaffen wird, ist einzigartig und spezifisch. Jeder Mensch fühlt unterschiedlich, nimmt anders wahr, bewegt sich auf seine Weise, versteht, kommuniziert anders und hat unterschiedliche Bedürfnisse, Fähigkeiten und einen je anderen Entwicklungsweg. Daher ist die Körpersprache personalisiert und an jeden Menschen individuell angepasst, obwohl wir in Bezug auf die wesentliche Körpersprache – zu der ich einige Beispiele gegeben habe – von einem Leitfaden, einer gemeinsamen Basis sowie Codes sprechen können, von denen wir ausgehen können. Dennoch sollte man immer flexibel agieren, denn nicht alle Menschen benötigen dieselben Codes, um dieselben Botschaften zu verstehen.

In meinen körperlichen Begleitungen beobachtete ich, wie manche Menschen schon am Anfang nur wenige Codes brauchten, um eine Botschaft zu verstehen, andere wenige Wiederholungen, und ich reduzierte die Codes noch, wenn das Gegenüber anfing, die Botschaft zu antizipieren, zu integrieren und zu entschlüsseln, bevor die komplette Sequenz zu Ende war. Wieder andere entwickelten sich durch diese Begleitungen weiter und führen immer mehr Bewegungen oder Mikrobewegungen aus und konnten diese sogar komplett selbstständig durchführen – wie im Fall eines ganz besonderen Mädchens mit großer Spastizität, dessen Kopf man von einer Seite zur anderen bewegte, wobei die erzwungene Bewegung zu großem Widerstand und Starrheit bei ihr führte. Mit der entsprechenden täglichen Begleitung schaffte sie es schließlich, ihren Kopf selbstständig seitwärts zu bewegen. Nach und nach fand sich das Mädchen durch Körpersprache in ihrem Körper zurecht und integrierte die auszuführende Bewegung, indem sie auf die angebotenen Wahrnehmungen und Informationen reagierte. Heute weiß sie bereits, welche Bewegung man von ihr möchte, welche Botschaft man ihr übermittelt, wenn man einfach die Hand auf ihre Schulter legt und sie in Richtung der anderen Schulter dreht: „Du siehst mich an! Du kommst hierhin, dort, wo der Löffel ist!“ Dann macht sie ein gutturales Geräusch, begleitet von einer Körperdehnung, um ihre Freude über das Verstehen der Botschaft auszudrücken. Sie weiß, was die Botschaft ist, sie orientiert sich an der Richtung und der Bewegung, die sie machen muss, und durch die Wiederholung des Codes bewegt sie nach und nach ihren Kopf in diese Richtung.

Bei den anderen Zwecken ist die Sprache spezifischer, zum Beispiel ist die emotionale Körpersprache für jede Person völlig unterschiedlich und die Entwicklungsbegleiter:innen müssen nach den jeweils notwendigen Codes suchen.

Dank meiner Ausbildung bei Ursula Büker entwickelte ich in meiner täglichen Praxis mit Menschen, die nervös, unruhig oder unkonzentriert sind und zur emotionalen Stabilisierung emotionale Regulationen des Körpers brauchen, verschiedene Codes zur Personalisierung dieser emotionalen Sprache. Wir ersetzen gesprochene Sprache durch Körpersprache, um zu vermitteln: „Keine Sorge, ich bin bei dir“, „Ich bin bei dir, entspann dich“ oder: „Wenn ich dir helfe, kannst du darauf achten“.

Einer Person, die sich die Hände hält, biete ich langsamen ungleichmäßigen Druck an. Zum starken, kontinuierlichen Druck auf die Schultern biete ich dem Kind ungleichmäßigen, gleitenden Druck im Kopfbereich an, ohne den Kontakt zu den Schultern zu verlieren, wo ich erneut ungleichmäßigen Druck ausübe. Ich gleite hinab zu den Händen, um dasselbe anzubieten, und manchmal wiederhole ich diese Codes sogar im Bereich der Hüfte, Knie und Füße. Im Gegensatz zu dem anderen Mädchen hebe ich den Körper mithilfe von starkem und kontinuierlichem Druck – zusammen mit kontralateralen, vestibulären Bewegungen – hoch.

Zunächst brauchen wir etwas Zeit, um Sprache und Körperkommunikation herzustellen. Einerseits müssen wir die verschiedenen Werkzeuge, Elemente und Techniken der körperlichen Begleitung erproben, damit experimentieren, sie auswählen, um die verschiedenen Codes zu schaffen. Die jeweiligen Personen werden mehr oder weniger Wiederholungen der Körpercodes benötigen, um deren Bedeutung zu verstehen und darauf zu reagieren.

Andererseits formt der Mensch seine Körpersprache aus seinen Körper- und Bewegungsmodalitäten und -fähigkeiten. Am Anfang wird es notwendig sein, ihm dabei zu helfen, seinen Körper bewusst für die körperliche Sprache einzusetzen, indem kommunikative Begegnungen geschaffen werden, um diese Fähigkeiten zu erkennen und seine Sprache zu entwickeln, und indem diesen ersten Bewegungen und körperlichen Äußerungen Bedeutung verliehen wird.

Es ist wesentlich, auf jede noch so kleine Äußerung zu reagieren: eine Steigerung des Tonus, eine Bewegung, ein Geräusch – was will die Person und/oder welche Absicht können wir dieser Äußerung zuschreiben: Unbehagen, Zuneigung, Akzeptanz, Ablehnung, eine Auswahl oder Bitte? Darüber hinaus ist es wichtig, der Person diesen Ausdruck und diese körperliche Bewegung bewusst zu machen, entweder durch erneutes Formen der Bewegung und/oder durch das Angebot von Begleitung und Körperwahrnehmung in dem Bereich des Körpers, der sich bewegt. Bewegt die Person zum Beispiel ihren Fuß leicht, müssen wir ihr helfen, sich dieser Fußbewegung durch körperliche Begleitung in diesem Bereich bewusst zu werden, um körperlich zu vermitteln: „Schau, du hast gerade deinen Fuß bewegt! Ja, diesen Fuß!“ Sobald wir der Person die Bewegung, zu der sie fähig ist, bewusst gemacht haben, geben wir ihr Bedeutung und verleihen ihr Intentionalität. Diese Bewegung kann ihr Ja sein, ihr Nein, ihre Art auszudrücken, dass sie mehr will, ihre Art, zwischen mehreren Optionen zu wählen, indem sie ihren Fuß dazwischen bewegt, ihre Art, uns mitzuteilen, dass sie etwas mit diesem Fuß machen und vielleicht sogar – mit einem Hilfsmittel (Taster) oder durch Unterstützte Kommunikation (UK) mit unterstützender Technologie – mit der Umwelt in Kontakt treten möchte.

Als Entwicklungsbegleiter:innen müssen wir alle Äußerungen der Person während der Begegnung aufnehmen, darauf reagieren, sie interpretieren und nach und nach in echte Absichten umwandeln, damit die Person sie integriert und in ihre Codes umwandelt – somit ihre Körpersprache entwickelt und erweitert. Ausschlaggebend ist, herauszufinden, was ihre Bewegungen sind und was sie mit jeder dieser Bewegungen kommunizieren kann, indem man verschiedene Absichten anbietet, um die Codes zu stärken und ihre Sprache zu entwickeln.

Auch die Körpersprache jeder Person ist einzigartig. Jede Person hat – durch konventionelle und weniger konventionelle körperliche Äußerungen – ihre eigene Körpersprache. Zum Beispiel kann ein Senken des Kopfes Ablehnung bedeuten, ein Ton eine Bestätigung, eine Bewegung des Fußes, dass man mehr von etwas will, eine Bewegung des Mundes, dass man etwas Wasser möchte, eine Bewegung eines Körperbereichs, dass man etwas damit machen will. Durch eine höhere Tonlage kann Ablehnung ausgedrückt werden, durch Bewegungen der Augen oder anderer Körperteile kann eine Auswahl getroffen werden.

Wir dürfen nicht vergessen, dass die Person neben der Körpersprache möglicherweise Unterstützte Kommunikation (UK) durch unterstützende Technologien (niedrige oder hohe) benötigt – ein weiteres Thema, das mich fasziniert, und ein weiterer langer Weg des Begleitens und Lernens. Ich erwähne dies hier einerseits wegen seiner großen Bedeutung und andererseits, weil dieser Weg die Unterstützung und die körperliche Begleitung durch die Basale Stimulation nötig macht. Doch das ist Stoff für einen anderen Artikel.

Das ultimative Ziel ist es, die beiden Sprachen zu verschmelzen – die der Entwicklungsbegleiter:innen und die des Gegenübers –, um Körperkommunikation aufzubauen und lebendig werden zu lassen. Es reicht nicht aus, eine Körpersprache zu haben, man muss wissen, wie man sie benutzt, sie versteht und teilt (wie Nachrichten gesendet, gesammelt, entschlüsselt, interpretiert werden und wie man darauf reagiert). Körpersprache ist der rote Faden, um in Beziehung zu treten und ein Zusammensein zu gestalten, ohne dabei das Wesentliche zu vergessen: das gemeinsame Gestalten der Begegnung. Gemeinsam schaffen wir eine Körperkommunikation, ohne den Fehler zu machen, in der schlichten Wiederholung der Körpercodes verhaftet zu bleiben, so, wie ich es in meiner Ausbildung für die Basale Stimulation bei Anna Esclusa gelernt habe. Kommunikation ist dynamisch und flexibel, sie variiert nach der Art des Zuhörens, den Bedürfnissen der Person, dem Zweck, dem Moment, der Situation, den Antworten und der Interaktion der:des anderen, damit sie gemeinsam geschaffen werden kann.

Wenn die körperliche Begleitung nicht gemeinsam geschaffen wird, wenden wir lediglich eine Technik am Körper einer Person an, obwohl wir doch körperlich kommunizieren wollen.

Beispielsweise haben wir bei einer so einfachen Begleitung wie dem Ausziehen eines Schuhs zwei Möglichkeiten: die Aktion auszuführen oder sie mit der Person gemeinsam aufzubauen durch körperliche Begleitung und körperliche Kommunikation – unter Berücksichtigung der Sphären: Kontakt, Emotion, Kommunikation.

In Abb. 8 sehen wir, wie zunächst Wahrnehmung, Information und Körperorientierung in den unteren Extremitäten angeboten wird: „Schau, hier sind deine Beine und Füße!“ Weiter geht es mit der Frage: „Welchen Schuh möchtest du zuerst ausziehen? Diesen?“ (Bild 1 und 1a) „Oder doch den anderen?“ (Bild 2 und 2a). Wir stärken den Körpercode, zeigen auf jeden Schuh. Dazu können wir Druck auf den Fuß ausüben, mit der flachen Hand auf die Schuhsohle klopfen, den Klettverschluss des Schuhs öffnen und schließen … Dann halten wir inne, um die Reaktion des Gegenübers zu beobachten.

Wir schreiben der kleinsten Bewegung Bedeutung zu, zum Beispiel wenn wir eine leichte Bewegung eines Fußes bemerken. Wir antworten mündlich und körperlich: „Du willst das entfernen!“, bieten körperliche Wahrnehmung im Raum an. Auf diese Weise werden Sprachen und Körperkommunikation lebendig und wir schaffen zusammen eine Aktivität im Alltag. Wir fördern auch die Entwicklung der Person bei jeder Begegnung, haben daran teil und öffnen den Weg zur ihrer Selbstbestimmung und dem Bedürfnis nach Wahl und Entscheidung.

Mit diesem kleinen Beispiel möchte ich deutlich machen, wie wichtig es ist, jedes Angebot oder jede Aktivität in gemeinsam geschaffene Momente zu verwandeln – mit dem obersten Ziel der körperlichen Kommunikation. Ich ermutige Sie, Möglichkeiten zur Kommunikation anzubieten, um Ihre Körpersprache und die Ihres Gegenübers zu entwickeln und einzusetzen. Hören und vermitteln Sie ausgehend von den drei Bereichen der Körperbegleitung: Kontakt, Emotion, Kommunikation. Lassen wir uns darauf ein, ohne Worte zu kommunizieren.

Ohne Kommunikation sind wir nichts. Wir alle müssen kommunizieren – und zwar miteinander.

Kommunizieren, Verständnis und Reaktionen hervorrufen sind menschliche Grundbedürfnisse, und die Entwicklung von Sprache und Kommunikation kann zum Motor, zum wesentlichen Thema und zum Entwicklungsweg einer Person werden.

Autorin: 

Raquel Soriano Rico

Lehrerin der Therapeutischen Pädagogik mit 19 Jahren Arbeitserfahrung mit Menschen mit Behinderung im „Colegio de educación especial de AMPY (Asociación de discapacitados psíquicos de Yecla)“ in Yecla-Murcia, Spanien.

Kursleiterin für Basale Stimulation® nach Prof. A. Fröhlich und Spezialistin auf dem Gebiet der Unterstützten Kommunikation. Aktuelle Vizedirektorin von „Meraki: Espacio de Acompañamiento, Aprendizaje y Desarrollo“ in Yecla-Murcia, wo Begleitungen, Beratungen und Ausbildungen in Basaler Stimulation und Unterstützer Kommunikation angeboten werden.