Eltern stärken
Intro:
Eltern stärken
Vor fast 50 Jahren wurde diese Zeitschrift gegründet, um Eltern behinderter Kinder eine Stimme zu geben. Beim Zusammenleben mit ihren Töchtern und Söhnen machten sie gänzlich andere Erfahrungen, als in den Fachbüchern zu lesen war. Längst ist die direkte Stimme ihrer Töchter und Söhne dazugekommen, die teilweise heute auch Eltern sind.
Wenn es um „unsere Söhne und Töchter“ geht, steht oft das Wort „Liebe“ im Raum. Britta Stuff schildert uns den Alltag von Helga Appel und deren Tochter Lena. „Ich liebe dich“ – die Mutter sagt es zwar nicht laut, aber sie denkt es. Sie spürt, dass Lena sie auch liebt, wenn sie manchmal zusammen daliegen und Lena ihr die Hand entgegenstreckt.
Birte Müller lässt uns immer wieder am Alltag ihrer Familie mit ihrem Sohn Willi teilnehmen. „Wenn ich die Realität unbeschönigt beschreibe, klingt es für Außenstehende zwangsläufig wie etwas Furchtbares, als das man es selber in der Regel nicht empfindet, weil man den Menschen unendlich liebt, um den es geht. Darum spreche ich am liebsten nur mit anderen Eltern behinderter Kinder über Überforderung, Trauer oder Aggressionen, denn sie wissen, dass ich damit Willis Existenz niemals infrage stelle.“ Sie erinnert eindringlich daran, dass die Erziehung eines Kindes keine Privatangelegenheit ist, sondern immer auf soziale Strukturen angewiesen ist. „Ich denke, unsere gesellschaftliche Verantwortung, für ein soziales Klima zu sorgen, in dem jeder Mensch erwünscht ist, ist heute so groß wie seit 100 Jahren nicht.“
Carlotta ist die Tochter von Barbara Schmitz. Carlotta hat sie gelehrt, dass es vorwiegend Mut braucht im Zusammenleben. „Mut, sich auf ein Abenteuer einzulassen, Mut, sich gegen Normen und Konventionen zu stellen, Mut, ein anderes Leben zu führen als das, das man vielleicht einmal geplant hatte, Mut, mit Verletzbarkeit umzugehen, Mut, für ein Kind unter oftmals widrigen gesellschaftlichen Bedingungen zu kämpfen, Mut, Veränderungen bei sich selbst zuzulassen, Mut zu einem neuen Blick auf die Welt, Mut für andere, Mut für eigene Wege.“
Diesen Mut beweisen Mütter und Väter, die sich bewusst für ihr behindertes Kind entschieden haben. Klaus Heymach porträtiert Familien mit ihren Wunschkindern, die es nach Meinung vieler nicht geben sollte. Die Aussagen der Eltern sprechen eine andere Sprache: „Frederika schenkt uns so viele Glücksmomente, die wir nicht missen möchten“; „Ich sehe, wie Luna uns wahrnimmt, wie ihr der Grießbrei schmeckt, wie sie lacht und sich freut“; „Wenn sie groß ist, möchte Stella unbedingt Lehrerin werden. Und wenn sie sich mal was in den Kopf gesetzt hat, dann zieht sie das auch durch“; „Leben mit Hannah ist schön! Manchmal laut, manchmal leise. Aber immer bunt“; „Till ist ausgesprochen wissbegierig und interessiert an der Welt um ihn herum und bringt uns auch unheimlich viel zum Lachen mit seinen klugen Kinderfragen.“
Viele Eltern sind mit ihren Kindern zusammen alt geworden und die Frage wird immer dringlicher: „Was wird aus unserem Kind, wenn wir nicht mehr sind?“ Lisa Oermann hat mit „älteren Familien“ über die lebensgeschichtliche Bedeutung des Zusammenlebens mit ihren erwachsenen Kindern gesprochen.
Barbara Senckel zeigt „entwicklungsfreundliche Wege“ zur „Autonomie in sozialer Gebundenheit“, die von zwei wesentlichen Bedürfnissen gesteuert werden: dem Symbiose-(Bindungs-)Bedürfnis und dem Autonomie-Streben.
Tillmann F. Kreuzer und Robert Langnickel fragen, wie die professionell Handelnden im psychotherapeutisch-pädagogischen Kontext in einem vertrauensvollen Arbeitsbündnis mit den Eltern ermutigend auf diese einwirken können.
Vielfach herrscht die Meinung, dass Eltern mit Lernschwierigkeiten keine „guten“ Eltern sein könnten. Trotz Risikofaktoren entwickeln sie sich sehr unterschiedlich. Miriam Düber und Constance Remhof berichten, dass es bei der Unterstützung durch Fachkräfte vorwiegend auf deren Haltung ankommt.
Wie es im Alltag mit dieser Unterstützung in Österreich ausschaut, damit befassen sich Rahel More, Eva Michl und Daisy Steffen. Die Kompetenzen sind zersplittert und eine gesetzliche Verankerung fehlt.
Anja Summermatter stellt uns das Bildungsprogramm SToRCH+ vor, bei dem der Einfluss von Elternschaft auf die persönliche Lebensgestaltung unmittelbar erlebbar wird.
Dieses Heft wird durch die Karikaturen von Gerhard Haderer veredelt. Mit seiner Offenheit und Empathie erspürt er die Missstände der Gesellschaft, der er dann zugespitzt den Spiegel vorhält. Er scheut sich nicht, die Ausgrenzung von behinderten Menschen zu thematisieren, und bringt diese auf den Punkt.
Josef Fragner, Chefredakteur
Inhalt:
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Wie geht Liebe?
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Liebe als Superkraft
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Wie der Mut wächst
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Wunschkind
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"Was wird aus unserem beeinträchtigten Kind, wenn wir mal nicht mehr sind?"
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Wir und Ich - Der entwicklungsfreundliche Weg zur "Autonomie in sozialer Gebundenheit"
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Muss ich wirklich mit diesen Eltern arbeiten?
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"Selbst wenn da`n paar Steine im Weg lagen, da hatte ich dann die Unterstützung, dass ich sie nicht alleine wegräumen muss"
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Barrierefreie Ferien in Südtirol
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Die andere Seite - Über Empathie und ihre Spuren (Teil 2)
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Aus Sorge heraus tätig sein
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Behindertes Kind als Schadensfall
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Normsturz in der Sozialhilfe
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Eltern von Kindern mit Beeinträchtigungen - Unterstützungsbedarfe und Hinweise auf Inklusionshürden
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Alleingelassen und zu wenig unterstützt: Das Problem bleibt ein individuelles.
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SToRCH+ - das Simulationstraining mit dem Real Care Baby - Schweiz
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Beratung von Familien mit Kindern mit Beeinträchtigung
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Eltern zuerst? - Wie steht es um "Begleitete Elternschaft" in Österreich?
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Würde und Selbstbewusstsein
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Blitzlichter von den Special Olympics Österreich 2024
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Eltern
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Eltern geben Halt und Sicherheit
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Dossier und andererseits - gemeinsam zum Thema Arbeit
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Bücher
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